Laudatio 2009 Bester deutschsprachiger Roman

»Das Tahiti-Projekt« von Dirk C. Fleck
Pendo Verlag, ISBN 3-86612-155-5

Im Jahre 2022 beendet Tahiti eine neun Jahre währende Informationssperre. Präsident Omai lädt Journalisten aus aller Welt ein, das Ergebnis der von ihm initiierten Umbauarbeiten in Ökologie und Ökonomie zu studieren, finanziert durch EU-Hilfen an die inzwischen unabhängige Insel. Ausgerichtet an den Prinzipien des Equilibrismus, nämlich der Verknüpfung von ökologischen Alternativen mit einer nachhaltigen Wirtschaftsordnung und einem natürlichen Kreislauf-Wirtschaftssystem, bietet Tahiti den Kontrast zur restlichen Welt, in der Großkonzerne länderübergreifend kooperieren, um die letzten Reserven an Bodenschätzen und Rohstoffen der Natur auszubeuten.

Zu den Pressevertretern zählt Maximilian Cording, Angestellter eines gleichermaßen marktbeherrschenden wie vom Markt beherrschten Medienkonzerns. Er kennt Tahiti und Omai bereits von einem früheren Aufenthalt, und durch seine Augen nimmt der Leser die Veränderungen wahr, die auf der Insel in der vorangegangenen Dekade durchgesetzt wurden. Cording erlebt den positiven Einfluß einer am Equilibrismus ausgerichteten Politik sowohl auf die insulare Gesellschaft als auch auf sein eigenes Wertesystem, muß aber erkennen, daß dies Tahiti nicht davor schützt, durch seine unterseeischen Rohstoffe zum Spielball einer Weltpolitik zu werden, die ihrem Hunger nach Ressourcen offenbar keine Grenzen setzt.

Man muss Dirk C. Fleck bewundern, denn die klassische Utopie ist seit vielen Jahren aus der Mode gekommen. Viele Autoren und Leser bevorzugen genau das Gegenteil und genießen es, wenn die Erde in Endzeit-Szenarien untergeht. In »Das Tahiti-Projekt« jedoch schreibt der Autor über eine hoffnungsvolle Idee und baut seinen Roman auf dem Ergebnis einer wirklich umfassenden Recherche auf. Nichts, was in diesem Buch beschrieben wird, ist unrealistisch oder im meist abwertend gebrauchten Sinne »utopisch«. Lediglich der Mensch steht einer Umsetzung im Wege.

Der Mut des Autors, gegen den Strom zu schwimmen und seine Ideen in einen gleichermaßen unterhaltenden wie zum Nachdenken anregenden Roman umzusetzen, überzeugte das Komitee, »Das Tahiti-Projekt« von Dirk C. Fleck mit dem Deutschen Science Fiction Preis 2009 auszuzeichnen.

Für das Preiskomitee
Thomas Recktenwald