Laudatio 1994 Bester deutschsprachiger Roman

Dirk C. Fleck:
GO! – Die Ökodiktatur

Dirk C. Fleck, Jahrgang 1943, ist Journalist und Autor. Er volontierte beim „Spandauer Volksblatt“ in Berlin, war Chefredakteur der „Hamburger Morgenpost“, Redakteur bei „Tempo“ und „Merian“ und arbeitet derzeit als politischer Redakteur der Zeitschrift „Woche“.

Sein erster Roman, der Öko-Thriller „Palmers Krieg“ erschien 1992 bei Rasch und Röhring.

1993 erschien dann mit „GO! – Die Öko-Diktatur“ im selben Verlag ein Roman, der nur mit vor den ökologischen Problemen unserer Zeit gut verschlossenen Augen wirklich als reine Utopie bezeichnet werden kann.

Der Roman gibt Einblick in die Vision einer ökologisch orientierten Revolution und eines Zusammenschlusses der reichen Länder (also denen der nördlichen Hemisphäre), zum Zwecke der Erhaltung dieser Welt. In einer zunächst spielerisch verlaufenden Handlung wird dem Leser eine positive Welt vorgestellt, in denen die handelnden Personen glücklich und mit einer hohen Eigenverantwortung ausgestattet, in einer zwar strapazierten, aber geläuterten und auf dem Wege der Besserung befindlichen Welt leben.

Daß diese Besserung nur mit radikalen Mitteln von Seiten des Staates realisiert, teilweise auch nur vorgetäuscht werden kann, wird erst nach und nach bewußt. Und mit diesem Bewußtsein verbindet sich, daß jede Diktatur, egal welche positiven Ziele sie sich gesetzt hat, die uneingeschränkte Macht einiger weniger Menschen über ganze Völker bedeutet.

Da kann es uns kaum entgehen, daß die in Form von „Lessons“ für jeden Bürger des Staates verpflichtend zu betrachtenden Greueltaten vergangener Generationen unser Leben darstellen, unsere Grausamkeit uns selbst und der uns umgebenden Natur gegenüber. Da sehen wir, wenn auch nur unwillig, daß wir selbst es wären, die in dieser Zeit in den Altendörfern der ewig Gestrigen leben würden, von der Generation nach uns verachtet für das Leben, das wir führten, ohne Rücksicht zu nehmen auf das, was der Welt zumutbar ist.

GO! ist ein aufrüttelnder Roman, in dem die didaktischen Akzente immer vorhanden sind, aber nie aufgesetzt wirken. Und es ist ein Roman, der gleichzeitig zu fesseln weiß, indem er mit Hilfe einer großen Zahl von Protagonisten, deren Geschichte in deutlichen Zusammenhängen stehen, ein weiter Querschnitt durch die postfaschistische Ökogesellschaft gezeigt wird. Mit der differenzierten Ausarbeitung seiner Charaktere schuf der Autor eine Möglichkeit und eine Verpflichtung für den Leser, sich zu identifizieren, und die Handlung nicht ins Reich der Geschichten zu verweisen, die man liest und schnell vergißt, weil sie einem fern und fremd sind.

Die Tatsache, daß die Verbindung einer gut erzählten Geschichte mit einem wichtigen Inhalt keine Utopie ist, scheint wenigen Autoren bewußt. Dirk C. Fleck hat dieses kleine Wunder vollbracht, er weiß zu erzählen und zu unterhalten, und er weiß wovon er schreibt.

Dafür gebührt ihm nach Meinung des Komitees der Literaturpreis des SFCD, denn wenn Literatur die schwierige Verbindung von Inhalt und Unterhaltung meistert, ist sie meisterhaft.

Jutta Haitel
– für das Literaturpreiskomitee –
April 1994